Fromme Hausfrau - Newsletter - Newsletter-Archiv - Newsletter Oktober 2013 



viel Zeit ist seit meinem letzten Newsletter vergangen. Inzwischen haben wir im Sellawie unseren einjährigen Geburtstag gefeiert. 13 Monate liegen nun seit der Eröffnung hinter uns. Viele Tagebuchseiten haben sich gefüllt mit dem Staunen über das Wunder, das wir dort erleben dürfen. Wir sind allesamt „geplättelt“, wie man im Badischen sagt, wenn man mehr als erstaunt ist, so erstaunt, dass einem nichts mehr einfällt. Manchmal könnten wir schier „abamseln“ angesichts der vielschichtigen Herausforderungen. Aber ich habe keine Angst mehr. Angst und Aufregung sind enorm viel Freude und enorm viel Arbeit gewichen. In mir ist ein tiefer Frieden, ich bin in meinem neuen Lebensabschnitt angekommen, auch wenn er sich oft noch taufrisch anfühlt. Ich bin sooo froh, dass wir den Weg gegangen sind. Ich bin soo glücklich und enorm herausgefordert. Ich glaube, zum letzten Mal habe ich das Wort „Paradigmenwechsel“ derart ausgeprägt durchbuchstabiert, als unser erstes Kind uns zu Eltern gemacht hat.

Der Weg geht in eine gute Richtung, aber es ist alles immer noch sehr intensiv und extrem spannend. Viel haben wir gelernt, die vergangenen Monate erscheinen mir wie Jahre. Viel müssen wir noch lernen …
Mit allem habe ich vor diesem neuen Lebensabschnitt gerechnet, nur nicht damit, dass ich jeden Morgen neu eine Art große Familienfeier organisiere … wie gut dass ich darin jahrzehntlange Übung habe … wie gut dass ich mich dermaleinst intensiv mit Haushaltssurvival beschäftigt habe Smiley mein Haushalt zuhause survivalt so vor sich hin, während Sellawie aufblüht. Was wir beinahe gecancelt hätten, das morgendliche Frühstücksbüffet, ist zum Magnet geworden: Morgen für Morgen ist unser Café voller Menschen und mehr als einmal musste ich schmunzeln, wenn mir Gottes wiederholte Verheißung an uns mit der Geschichte der Speisung der Fünftausend in den Sinn kam.
Ich stehe viel lieber auf als früher, es zieht mich aus dem Bett, wo bei mir typbedingt sowieso nur Morgengrauen-Gedanken lauern. Also raus aus den Federn, Morgengymnastik für die alternden Knochen mit Anbetungsmusik, kurzer Besuch in der häuslichen Schönheitsfarm, um die Spuren der (meist zu kurzen) Nacht zu vertreiben, Minifrühstück, Nando ausführen mit Stoßgebeten und ab ins Sellawie, geniale drei Gehminuten von meinem Zuhause entfernt.
Dort bleiben anderthalb Stunden, um ein Frühstücksbüffet auf die Beine zu stellen, Kerzen anzuzünden, Musik auf-, Schürzen abzulegen und die hungrige erwartungsvolle Gästeschar zu begrüßen (überwiegend weiblich, überwiegend nach weitaus ausführlicherem Besuch in der Schönheitsfarm).
Von nun an klingelt permanent das Telefon, kochen Eier, geht Obstsalat aus, bringen Kuriere Pakete und Paletten aus Holland und Dänemark, verpacke ich Geschenke, kaufe Brötchen nach, spüle Geschirr, unterhalte mich mit Gästen, überweise Rechnungen, suche im Papierberg nach angemahnten Posten, bestelle Ware, plane mit Micha und unserem Team Strategien, wie wir Abläufe verbessern können. Wir schauen nach vorn, was da auf uns zukommt, hinken hinterher, was wir alles zu machen hätten, schreiben Reservierungsschilder für den Nachmittag und stellen atemlos fest: Mittagspause! Kerzen auspusten. Drei Gehminuten später werfe ich eine Maschine Wäsche an, sortiere eine Ladung aus dem Wäschetrockner, bügle drei Hemden, rufe fünfzehn Mails ab, lösche drei und beantworte sieben, koche etwas Kleines, sause mit dem Hund um den Waldsee, werfe eine Maschine Wäsche in den Trockner und flitze ins Sellawie: Kaffeezeit. Kerzen anzünden, Cappuccino und Latte Macchiato unendlich, leckere Torten unserer wunderbaren Kuchenbäckerinnen aufschneiden, Events planen, Personal schulen (wo ich doch grad selbst erst „Personal“ bin…), Reservierungsschilder für den Flammkuchenabend schreiben, Zwiebeln schneiden, Rucola und Champignons nachkaufen, dreißig Emails beantworten, Reklamationen erledigen, Homepage aktualisieren, spülen, spülen, spülen, Müll rausbringen, gefühlte hundertmal aus dem Keller Speis und Trank hochschleppen, Bücher bestellen, palettenweise Pakete auspacken, Kartonage zerschneiden, Personalpläne schreiben, Rundmails schreiben, Einkaufslisten schreiben, Kerzen auspusten, Kassenabschluss machen, Reservierungsschilder fürs Frühstück schreiben – nach dem Fest ist vor dem Fest - Kaffeemaschine putzen. Mit Werner und Micha zum Abschluss ein Glas Sekt trinken, den Tag besprechen, drei Minuten heimtorkeln, eine Ladung Sellawieschmutzwäsche (badisch: „Labbasack“) in die Waschmaschine werfen, mit dem Hund durch den Wald schleichen und ab ins Bett …
Dazwischen schenkt Gott viele ruhige Momente, in denen sich Gespräche mit Gästen ergeben und ich habe das Gefühl, dass das Timing dafür in seiner Hand liegt. „Dem Leben ein Zuhause geben“ haben wir auf Flyer und in unsere Herzen geschrieben, und wenn es geschieht, staunen wir voller Dankbarkeit.
Die Tage sind ausgefüllt und erfüllend. Wir sind beschämt, überwältigt und dankbar, dass Gott uns viele Besucher und ausreichend Kraft schenkt.
Dass sich alle unsere „Kinder“ punktuell einbringen, ist mein unerwarteter Reingewinn. Freitags ist Mamabär-Tag, da helfen alle drei. Wenn Werner nach dem Zubereiten der Flammkuchen aus seiner Winzigküche kommt und sich zu bekannten Gästen setzt, wenn Lena oder Anna Kaffeespezialitäten zubereiten und Pakete auspacken, wenn Jan mit beladenen Tabletts die Treppe zur Galerie hochstapft, denke ich manchmal: „Es ist, als ob wir einfach nur unser Wohnzimmer geöffnet haben.“ Unser Gewinn ist ein neuer Familienzusammenhalt, wertvolle Begegnungen, geteilte Freud und geteiltes Leid.
Manchmal gibt es Stress, wenn wir Erwartungen nicht erfüllen können oder Fehler machen. Meistens sind die Gäste barmherzig. Stress zwischen Werner und mir ist auch nicht ungewöhnlich, dann brauchen wir Gottes Erbarmen. Donnerstags und freitags macht Werner Flammkuchenabende, dann läuft Männermusik und er ist ganz in seinem Element. Auch wenn es manchmal rummst, für uns als Paar ist Sellawie das Beste, was uns jetzt geschehen konnte - der Neuaufbruch miteinander, das gemeinsame Gabenleben, die neuen Rollen, das Projekt mit so vielen gleichgesinnten Menschen, auf das wir ein halbes Leben lang zugelebt haben. Es ist, als laufen viele Fäden zu einer neuen Lebensspur zusammen.

Danke für jeden Besuch bei uns, für jedes Gebet, all das Interesse, Mitverfolgen und Weiterempfehlen!  
Nun haben wir alle Jahreszeiten ein erstes Mal erlebt. Wir beginnen, den Garten anzulegen, freuen uns auf lauschige Sitzplätze und viel Grün. Wir träumen von Rosenpavillon, Schalenbrunnen, Kräuterspirale, Holzterrasse, Sonnenecke, Natursteinmauer und haben schon mal ein paar antike weiße Eisenmöbel aus Frankreich erstanden.

Ich bin immer wieder neu herausgefordert, mit der Dimension Gottes zu rechnen. Und mir neu demütig bewusst zu machen: Ohne ihn kann es nicht gehen. Schon gar nicht in unserem Alter. Ohne ihn wollen wir es aber auch gar nicht tun …

Jan hat seine Ausbildung zum Gemüsefachwerker mit Schwerpunkt Obst- und Gemüsebau beendet und alle Prüfungen völlig ganz alleine geschafft, was phänomenal ist. PHÄNOMENAL! Nach vier Jahren Internatsleben in Winnenden kehrt er zurück und wir müssen wieder umdenken. Plötzlich sind wir wieder eine Familie und ich muss herausfinden, wie viel Verantwortung ich wieder übernehmen muss, will, darf. Zur Zeit arbeitet er für drei Monate in der Friedhofsgärtnerei, danach sehen wir weiter. Jan kommt uns vor wie ein Kind, das drei Wachstumsschübe gleichzeitig durchgemacht hat. Das neue Zusammenleben ist sehr verändert, weil Jan sehr verändert zurückgekehrt ist. Die Zeit in Winnenden hat ihn selbstständiger und selbstbewusster werden lassen.
Oft denke ich daran zurück, wie hilflos und krank er viele Jahre seines Lebens war und freue mich an seiner Stabilität und Entwicklung. Er ist ein überaus erfreulicher Zeitgenosse, hat einen guten Umgang mit seinen Begrenzungen, ist zufrieden und lebensfroh. Wenn er kellnert (mit Taschenrechner und im Schneckentempo, aber sicher), bekommt er am meisten Trinkgeld. Seine lauten Gebete im Bett abends berühren mich immer zutiefst.

Tagebuchnotiz vom 7.7.13

Heute ist unser 29. Hochzeitstag, was außer mir keinem aufgefallen ist … Wir hatten eher mal wieder einen unserer leicht schmerzhaften Bitterstreittage, die anzeigen wie empfindlich wir gerade sind.
Es ist viel, mit der Ungewissheit von Jans Zukunft, mit der Verantwortung für Werners Mutter, die zunehmend gebrechlich wird, mit Werners Doppelbelastung und den vielen Zu Erledigungen, mit Lenas Hochzeit und den damit verbundenen Emotionen und Zu Erledigungen … Aber war es jemals weniger als viel?
Ich gehe mal wieder auf Zeitreise, erstelle eine Powerpoint für Lena, und wandere durch die Jahre, verweile bei einzelnen Bildern, betrachte sie fasziniert mit der Lupe, scanne sie ein … So viel Schlichtes, aber auch so viel Geborgenheit und Liebe, so viel Alltagsglück, es tut mir gut und weh.
Hab die neue Reinhard Mey CD reingelegt, er auch voller Wehmut, voller Alter und den damit verbundenen Erfahrungen, sein erstes Lied ein Liebeslied das nur jemand schreiben kann, der Liebe jahrzehntelang buchstabierte, sein zweites beginnt mit „Am Abend nach dem Hochzeitstag“… mir laufen die Tränen. Mein Herz voller Wehmut heute …


Im Juli hat Lena den Bruder von Annas Mann geheiratet. Es gab manche Parallelen und viel Romantik, die entsteht wenn zwei Brüder zwei Schwestern heiraten, aber da Lena völlig anders ist als Anna, war auch die Hochzeit völlig anders. Während zum Beispiel Anna bei der Anprobe ihres Brautkleides mit hochgestecktem Haar würdevoll darin umher schritt wie eine Königin, wirbelte Lena in ihrem Lieblingskleid barfuß langhaarig mit Holzschmuck herum wie Madita im ersten Schnee. Es ist schön, die Tochter einem Mann zu geben, in den man Vertrauen hat. Das erleichtert  das Loslassen.


Sellawie kostet seinen Preis. Wir haben uns in der Gemeinde von unseren verschiedenen Aufgaben zurückgezogen und da sowohl Werners Mutter als auch mein Vater zunehmend Unterstützung benötigen, bleibt auch für Kontakte nur noch eingeschränkt Zeit übrig. Meine schriftstellerischen Tätigkeiten musste ich spürbar zurücknehmen, wobei ich jetzt schon unter Entzugserscheinungen leide und sehnsüchtig nach Freiräumen zum Schreiben schiele. Meine Kollegin arbeitet seit einer Woche ganztags im Sellawie, sie hat ihre Halbtagstätigkeit in der Pflege aufgegeben und so freue ich mich auf mehr Freizeit. Mein Ziel ist es, den Faden von vor sieben Jahren aufzugreifen und ein neues Tagebuch zu veröffentlichen.



Es gibt dennoch einiges zu berichten:

Martin Gundlach und ich haben ein Eintragbuch zusammen entwickelt, das das Familienbuch auf sinnvolle Weise ergänzen kann: Ein Buch, worin man mit minimalem Aufwand das Leben eines Kindes von seiner Geburt bis zum 18. Geburtstag auf unkomplizierte Weise festhalten kann.
Während das Familienbuch im Besitz der Eltern bleiben soll, ist dieses Buch ein wertvolles Geschenk zur Volljährigkeit.

 



Zum letzten Mal erscheint Mein Jahr noch einmal in zwei Ausgaben: Buch- und Ringbuch. Ab 2015 wird die Ringbuch-Version eingestellt, sie rechnet sich leider nicht mehr.

 

 



 Augenblick“ gibt es wieder mit zwei verschiedenen Covern. Auf vielfachen Wunsch ist der kleine Taschenkalender nun mit Stifthalter, Einstecktasche hinten und zwei Lesebändchen ausgestattet.

 

 



Den Gartenkalender „Wo Himmel und Erde sich berühren“ und den mediterranen Kalender „Das Leben feiern“ gibt es wieder in drei Varianten: als Wandkalender, als Postkartenkalender und als kleinen Verschenkkalender.

 

 


Das Leben ruft ... und ich kann so schlecht Nein sagen! In diesem arg schön gestalteten Aufstellbuch sind Zitate von mir zu finden, die Gedanken und Stimmungen auffangen. Wir sind eingeladen, dem Ruf des Lebens zu folgen!

 

 


Sehnsüchtig haben Ulrike und ich mit euch gemeinsam auf das Backbuch gewartet, dessen Inhalt wir in- und auswendig kennen – so lecker!! Neben dem Fromme Hausfrau Kochbuch ist nun auch ein Buch mit süßen und herzhaften Backwaren aus dem Fundus der „frommen Hausfrauen“ erhältlich.

 

 


Weihnachten feiern gibt es nun im Mittelformat für 12,95 €.

 

 

 

Nun wünsche ich euch allen einen wunderschönen bunten Herbst und eine gesegnete Vorweihnachtszeit. Ich würde mich freuen, die ein oder andere im Sellawie begrüßen zu dürfen.

Von Herzen,
Bianka Bleier