Im letzten Newsletter hatte ich euch erzählt, mit welchen Gedanken ich schwanger gehe. Ich überlege seit anderthalb Jahren, ob ich mit drei Freundinnen, Werner und meinen beiden Töchtern zusammen in Forst ein Café mit Laden eröffnen möchte, einen Ort der Begegnung, wo Gottes Liebe spürbar werden kann.
Nach gefühlt ewigem Suchen, Rechnen, Grübeln, Fragen, Beten haben Werner und ich uns nun entschieden, um die Ecke in der Hauptstraße ein altes Anwesen zu kaufen. Ich habe mich auf den ersten Blick in die Scheunen- und Hofatmosphäre verliebt. Ab hier laufen alle Formulierungen immer unter „swGwuwl“ (so wahr Gott will und wir leben): Das Wohnhaus werden wir renovieren und vermieten, die Scheune umbauen zu einem Laden mit Café. Auf der zweiten Ebene bietet es Raum für Veranstaltungen und an warmen Tagen die Perspektive, im Freien zu sitzen. Hinter uns liegt ein spannendes, vor uns ein arbeitsreiches Jahr. Dann wollen wir eröffnen. Ich will versuchen, euch anhand einiger Tagebuchnotizen ein wenig mit hinein zu nehmen in das, was bei uns in den letzten Monaten geschehen ist.
24.1.11
Wie Frédérik sammle ich Worte … Ein Laden für alle Sinne ... Ein „Freudenhaus“ und Trauerhaus … ein Haus voller Räume für Seelenzustände ... mit Musik, Gesang, Tanz, Lesungen, Café, Wein, guter Küche süß und herzhaft, Blumen, offenem Feuer, Büchern, Karten, Picknickplätzen, Gebet … Emotionale Botschaften vermitteln durch Worte und schöne Dinge, die gut tun ... Menschen helfen, das Leben zu feiern und zu bewältigen … ihnen begegnen und Begegnung stiften … Kreativität anregen, Werte vermitteln, Leben teilen, Leichtigkeit und Tiefe ermöglichen … Raum schaffen für Gott … Ich bete, schlage in den Losungen nach und lese: „Der Herr hat mich gesandt, zu schaffen den Trauernden zu Zion, dass ihnen Schmuck statt Asche, Freudenöl statt Trauerkleid, Lobgesang statt eines betrübten Geistes gegeben werden.“ Jesaja 61,1.3. Ich bin sprachlos …
20.3.11
Gottesdienst. Predigttext: Die Speisung der Fünftausend (steht im Lukasevangelium Kapitel 9)
Einzelne Worte fallen in mein Herz. Kommt ihr allein abseits an einen einsamen Ort und ruht ein wenig … er hatte Erbarmen mit ihnen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben … Gebt ihr ihnen zu essen …
Wie viele Brote habt ihr? … er nahm die fünf Brote und die zwei Fische … Und sie aßen alle und wurden satt.
So sehr ich mich auch informiere und vorbereite, es fehlt mir die letzte Gewissheit. Letzte Woche haben wir versucht, unsere Vision zu Papier zu bringen, haben über Leitworte gegrübelt und versucht, unsere vielen Ideen zu bündeln. Und nun finde ich sie während der Predigt: Wir möchten Menschen einladen, ein wenig abseits zu treten, damit sie zur Ruhe kommen können. Wir möchten uns ihrer erbarmen und auf den Hirten aufmerksam machen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass wir ihnen zu essen geben sollen, dass wir dafür unsere paar Brote und Fische Jesus geben und ihn vermehren lassen sollen. Dann werden Menschen satt werden. Heute bin ich neu ermutigt, mit Gottes unendlichen Ressourcen zu rechnen. Ich bin ganz neu gespannt auf Gottes Reden.
8.6.11
Mit drei Freundinnen besichtige ich im Elsass ein Café mit einem herrlichen Laden und nach vielen Erkundungsreisen scheint uns, dass wir angekommen sind. So ein individuelles, lauschiges Café haben wir noch nie gesehen, wir sind begeistert. Ich breite Karten auf der nostalgischen Tischdecke aus mit unseren gesammelten Namensideen für unser Projekt. Vis à Vis steht da, Alte Scheune, Dorfladen, LebensArt, LebensRaum, Flair, Cielo, Villa Landleben, Ambiente, Atelier, Dolce Vita usw. Als ich all die Namen so zusammen auf dem Tisch liegen sehe, finde ich, dass sich darin schon ein wenig unser Programm spiegelt. Mittendrin liegt wie ein Memorandum an meine Mutter mein heimlicher Favorit: Sellawie. So hat sie in ihrem letzten Lebensjahr hin und wieder in ihren Mails an mich geschrieben. Als alle drei Freundinnen übereinstimmend „Sellawie“ herausdeuten, kommen mir die Tränen und ich denke: Geburtsstunde.
7.8.11
Jan hat vier Wochen Ferien und ist sehr präsent. Das wird wohl auch unser zukünftiges Lebensmodell sein – ein präsenter Sohn. Heute haben wir eine Weile überlegt, wie es gehen könnte, dass er nach seiner Zeit im Internat ein Umfeld hat, in dem er sich nicht langweilt sondern entspannt und dennoch Anregung findet. In dem er nicht an uns hängt und wir doch nah an ihm dran sind. Am Ende sagte ich: Wenn sich das mit Sellawie nicht bewährt, machen wir daraus ein Mehrgenerationenhaus. Mit Jan mittendrin. Insgeheim allerdings hoffe ich, dass das kein Entweder-oder wird, sondern ein Sowohl-als-auch.
Die Losung ist eine wunderschöne Antwort auf mein Gebet für unser Projekt. Ganz arg schön, wie Luther es übersetzt: „Und ich will mich selbst als Wache um mein Haus lagern, sodass keiner dort hin- und herziehe und nicht mehr der Treiber über sie komme; denn ich sehe nun darauf mit meinen Augen.“ Sacharja 9,8
Es erinnert mich an mein wiederkehrendes „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“-Adventserlebnis vom letzten Jahr, bei dem mir dieses Lied an allen möglichen und unmöglichen Situationen begegnet ist und zur Verheißung für unser Projekt wurde. Wir können locker die Tore weit machen, wenn Gott selbst vor und um unser Haus herum lagert.
Ich brauche immer wieder solche Zusprüche von ihm, denn leider verlieren sie meist über Nacht an Wirkung und morgens stehe ich wieder mit leeren Händen und neuem Hunger da. Aber das war schon immer so bei mir, ich ernähre mich von Manna.
22.8.11
Werner und ich sind eine Woche mit Nando und Wohnwagen an der Ardèche. Der Höhepunkt unseres Kurzurlaubs auf einem minimalistischen Campingplatz am Fluss war eindeutig heute: Markttag! Eingehüllt in die allerliebsten französischen Marktrufe lustwandle ich durch ein platanenumsäumtes Paradies von Farben, Gerüchen, Geräuschen und Geschmäckern – Reize für alle Sinne. Stände, die mich wie Magnete anziehen – Schmuck, Blusen, Schals, Düfte, Keramik, Gürtel, Hüte, Taschen, Stoffe, Wein, Käse, Wurst, Süßigkeiten, Hängematten, Bücher, Parfums, Musik – während ich fotografiere, merke ich mit der Zeit, dass hier sämtliche Elemente, die wir für Sellawie vorsehen, vorhanden sind! Was wir da vorhaben, ist eigentlich ein provenzalischer Markt voller Sinnesfreuden! Fasziniert vollendet sich in meinem Kopf eine Lebensspur, die in meinen frühkindlichen Familienurlauben an der italienischen Adria begonnene hat – ich will Marktfrau werden!! Angereichert mit schönen und sinnvollen Büchern und Karten und einem gemütlichen Café im provenzalischen Stil – das ist es! C’est la vie!
16.9.11
Unser Financier ruft sichtlich berührt an: Der Kredit ist bewiiiiilllllliiiigt!! Ich gehe mit weichen Knien auf You Tube, gebe „Händel“ und „Hallelujah“ ein, lausche ergriffen einem Chor, wie er dieses Lied schmettert, das für mich zum Sinnbild für meine Auferstehung nach meiner Krebserkrankung wurde, als ich nach meiner „Freisprechung“ vom Keller der Radiologie ins Freie trat. Acht Jahre hat Gott mir seither geschenkt. Ich sehe den Dirigenten, das Orchester, den Chor, lasse die Musik durch mich strömen, sehe das Bild meiner Mutter, den Herzstein vom Ardècheurlaub, die Lavendelseife vom Markt, die Ermutigungskarte einer fhf und heule vor Dankbarkeit, dass Gott mit mir diesen Weg geht. Den ganzen Tag singt es in mir unaufhörlich „Hallelujah! Hallelujah! Hallelujah! Hallelujah! Hallelujah!“
19.9.11
Morgen ist Notartermin … Ich kann kaum noch schlafen … Ich lass los, flieg los, hoffe auf den Fänger … Die Zahlen machen mich noch schwindelig, aber es gibt so viele ermutigende Stimmen. Wir werden sehen was geschieht.
Eine liebe fromme Hausfrau hat mir ein uraltes Dornröschen-Bilderbuch geschickt, auf dessen Cover der König seine Königstochter liebevoll im Arm hält. Sie schreibt: „Der Königssohn gibt nicht auf, uns zu finden. Er hält dich fest, er wagt mit dir und er springt mit dir – hinein in deine spezielle Welt, deine Entscheidungen!“ Ist Gott nicht liebevoll, dass er mich immer wenn ich die Krise kriege, so ermutigt?
23.9.11
Wir fahren nach Holland, eine Woche Auftanken, bevor wir uns in unser großes Abenteuer stürzen. Wir treffen uns mit unseren „Kindern“ und ihren Partnern, führen die Tradition vom vergangenen Jahr fort, freuen uns auf eine Woche frische Familien- und Meeresbrise. Der Spätsommer beschenkt uns mit unglaublichem Badewetter. Für das Familienklima sind solche Intensivtage ein Reingewinn.
1.10.11
Nach einem ziemlich skurrilen Notartermin, einem sehr erholsamen Familienurlaub nehmen wir heute gemeinsam mit den Kindern die alten Gemäuer ein. Zehn Stunden lang räumen wir und schaffen weit mehr, als wir uns hätten träumen lassen. In jedem Zimmer, in Hof und Garten wuselt es. Dreißig blaue Müllsäcke später sitzen wir bei immer noch hochsommerlichem Wetter beim Döner. Werner und Jan haben Hof und Garten freigelegt. Ich habe mit Lena das untere Stockwerk geleert, Anna mit ihrem Mann das obere. Die Besitzer haben nichts mitgenommen. Überall begegnen uns Spuren vergangener Generationen. Herrennachthemden von 1920, Tageszeitungen „Der Führer“ von 1938, 1940, Briefe von 1950, Frauenzeitschriften von 1960, darunter „Die praktische Hausfrau“, ein Sonderheft von Brigitte . Zu erleben, wie die Kinder zupacken, hilft und motiviert uns sehr. Am Ende des Tages sagt Werner strahlend zu mir: „Wir haben keinen Fehler gemacht!“ Unser Traum beginnt, Wirklichkeit zu werden.
8.10.11
Seit acht Tagen räumen wir… Heute ist mein Sehnsuchtstag, ich gehe zum Grab meiner Mutter. Die Abendsonne scheint darauf, Mutti hat sie geliebt, konnte lange in dieser Sonne mit geschlossenen Augen sitzen. Jan ist zum ersten Mal mit Werner auf der Männerfreizeit und das hier ist mein allererstes Ganzalleinwochenende in diesem Haus. Sehr komisch. Ich zünde viele Hollandkerzen an, höre klassische Musik, esse Frikadellen und feiere mein neues Sellawieleben, danke Gott und blicke zurück auf unseren Weg. Ich kann es so wenig fassen, wie ich es fassen konnte, wenn ich ein Kind geboren hatte, obwohl ich es neun Monate in mir getragen hatte. So lange schon so viele Gedanken mit meinen Freundinnen um unser Projekt, so lange schon diese Träume mit Werner zusammen, und nun beginnt es tatsächlich!
Als ich meine Sellawie-Freundin Micha fragte: „Sag mal, sind wir eigentlich größenwahnsinnig?“, antwortete sie seelenruhig: „Wir tragen halt alle schönen Dinge zusammen!“ Da dachte ich: Angekommen. Ich habe jemanden gefunden, der dieselbe Freude daran hat, schöne Dinge zusammen zu tragen und sie dann mit anderen zu teilen, einen Ort der Begegnung zu schaffen. Ich habe so viel Hoffnung. Auch für Jan, dass er in dem Ganzen einen Platz findet. Ich hoffe so auf Gott.
28.10.11
Unsere Tage bestehen aus einer wilden Mischung – morgens der Besuch eines Vertreters einer bezaubernden Naturkosmetikserie, nachmittags
Räumaktionen mit Staubmasken. Nach vier Wochen ist Land in Sicht.
Umgeben von alten Reliquien des Hauses feiern wir ein Sellawie-Auftakt-Fest in der Scheune, wo sich in einem Jahr der Laden befinden soll. Wir sind sehr sehr gespannt und freuen uns riesig auf die Eröffnungswoche!
Meine derzeitige Morgenlektüre ist eine Neuerscheinung, an der viele von euch mitgewirkt haben: Das Andachtsbuch "Grenzenlos geliebt", das Ulrike und ich herausgegeben haben. Darin haben sich 52 Frauen mit Begegnungen mit Jesus auseinander gesetzt. Chronologisch angeordnet liest sich das Buch wie eine Biografie von Jesus mit Erläuterungen, die oftmals überraschend und Horizont erweiternd sind. Grenzenlos geliebt ist ein gutes Weihnachtsgeschenk für Menschen, die sich für Jesus interessieren oder ihn bereits in ihr Herz geschlossen haben. Ich habe gleich den ersten Covervorschlag lieb gewonnen. Der Schmetterling der darauf abgebildet ist und der durchs Buch flattert, berührt mich, weil mich Schmetterlinge immer an meine Mutter erinnern, ich wiederhole mich … Meine Tochter Lena hat sich auch beteiligt
"Mein Jahr 2012" hat sich im Innenteil optisch etwas verändert. Der zweifarbige Retrostil der Bilder ist einer bunten Vierfarbigkeit gewichen, und ich weiß noch nicht wirklich, was mir besser gefällt. Die Fotos sind nun viel besser zu erkennen, aber der Stil ist dadurch doch deutlich anders geworden. Ich bin gespannt, wie euch das gefällt. Bald werde ich das nächste Cover und die Innenfotos festlegen, ich dachte an Blumen oder das Thema Schreiben Lesen, aber es gab auch Anregungen von euch wie „Hühner“ und so dachte ich, ich frag euch einfach noch mal
Von "Aufblühen in der Lebensmitte" sind nur noch ca. 300 Exemplare vorrätig und es sieht nicht so aus, als ob der Titel nachgedruckt würde, so dass er bald vergriffen sein wird.
Auf unserer Homepage hat es ein paar Neuerungen gegeben, vermutlich sind sie euch längst aufgefallen. Ulrike und ich haben sie übersichtlicher strukturiert und etwas entrümpelt - Rubriken entfernt, die nicht mehr „lebten“. Bis zur Eröffnung von Sellawie habe ich noch ein paar kleinere Veranstaltungen angenommen, die man nun auch auf der Homepage finden kann.
Zum Geburtstag habe ich ein Bild von einem Seehund geschenkt bekommen, der zufrieden grinsend auf dem Rücken auf einem großen Felsen liegt, mit einem Grußwort, das für mich zum Gruß vom Himmel geworden ist: „Jesus will dir im Neuen Lebensjahr der Fels sein der dich trägt, der dir sicheren Stand gibt um zu neuen Entdeckungen aufbrechen zu können und auf den dich wieder zurück ziehen kannst.“
Es fügt sich wunderbar zu einem meiner derzeitigen Lieblingstexte, den Verfasser weiß ich leider nicht, vielleicht kennt ihn ja jemand von euch?
Herr, du weitest meinen Blick, wenn ich dich nur lasse,
dann hebst du mich auf einen Felsen, von dem aus ich weit schauen kann.
Du gibst mir deine Perspektive und zeigst mir neue, unbekannte Ufer
und einen weiten, klaren Horizont.
Wasser, blau und frisch, erstreckt sich vor mir, so weit mein Auge sieht.
Und ich beginne erst zu ahnen, wie das Leben mir dir sein kann:
eine aufregende, abenteuerliche Reise zu neuen, unbekannten Ufern,
immer weiter und weiter mit dir.
Herr, ich nehme die Herausforderung an,
mich mit dir zusammen auf neues Land einzulassen,
neue Ufer zu erreichen und neue Welten zu erkunden,
Segen zu empfangen und Segen weiterzugeben
an dem Ort, an den du mich führst.
Ich wünsche euch allen an dem Platz, wo ihr steht, Gottes Segen und Frieden und freue mich, wenn ich von euch höre.
Eure SehnsuchtsSellawieHuchhuchBianka