Die Welt ist voll von Sachen und es ist wirklich nötig, dass sie jemand findet
Astrid Lindgren
Ausschnitte aus Bianka Bleiers Tagebuch
Meine Freundin und ich haben uns heute getroffen, um eine Frauenfreizeit zu planen. Es war ein konzentriertes Treffen zum Arbeiten. Meine Freundin brauchte nur vorab etwas zu essen und dann konnte es losgehen. Ich musste nur noch geschwind mit dem Hund ausgehen. Auf der Heimfahrt von dem kurzen konzentrierten Rundgang um den See, bei dem wir uns privat gleich intensiv auf den neusten Stand bringen konnten, entdeckten wir, dass Sperrmüll war. Den haben wir noch geschwind durchkämmt, systematisch, Straße um Straße, nur schnell nach einer neuen Matratze für den Hund Ausschau haltend.
Guck mal, halt mal, der Korb da, der wäre optimal für unser Feuerholz!!
Guck mal, halt mal, da ist ein Picknickkorb! Meiner geht aus dem Leim! Wenn ich den mit neuem Stoff überziehe, ist der wunderbar!
Ich halte an, ducke mich aus Angst vor der Nachbarin, verschweige meiner Freundin, dass ich neulich heilfroh war, dass mich besagte Nachbarin nicht dabei erwischte, als ich die Kommode ihrer Schwiegermutter, die Kapuze übers Gesicht gezogen … Natürlich kommt die Nachbarin punktgenau jetzt angeradelt und verwickelt uns jovial lächelnd in ein Gespräch über Picknickkörbe …
Da: eine interessante uralte Holzkiste, in die ich Efeu pflanzen könnte, bestimmt sehr malerisch. (Der Mann an meiner Seite klärt mich später nüchtern auf, dass es sich um eine Munitionskiste aus dem zweiten Weltkrieg handelt …)
Und dann der Clou, die knallroten Tweedsessel aus den Siebzigern, was für Kultteile sind das denn, Geschenke des Himmels für den Teenagersohn, er wird begeistert sein! Gerade kommen die zwei Teenagertöchter des Hauses und lächeln befremdet. Ich trete die Flucht nach vorne an und frage, ob die Sessel eine Geschichte haben … Den verdutzten Ausdruck der Mädchen, die im Zeitalter der Wegwerf-Ikea-Sessel noch nie gehört haben, dass Sessel eine Geschichte haben können, werden wir so schnell nicht vergessen - und die beiden nicht die durchgeknallten Sperrmüllweiber, die Fragen vom anderen Stern stellen.
Ich finde noch einen kleinen Sofatisch, den ich nur wieder etwas aufmöbeln muss und freu mich schon auf Werners entsetztes Gesicht.
Und, der Gipfel, einen Hasenauslauf, den Werner mir noch nie gebaut hat und der mir immer zu teuer war, hier steht er, total komplett in Ordnung! Schade zwar, dass es weit und breit gerade gar keine Hasenkinder gibt, aber man kann den Stall ja auf dem Schuppen zwischenlagern. Zwei hupende Männer müssen etwas warten und sich sehr ärgern, weil der Verkehr stockt, aber dann ist auch das geschafft. Ich hoffe nun doch, nicht ins Ortsblättle zu kommen, aber die Dankbarkeit für eine Freundin, mit der ich mit großem Gelächter und Siegesjubel zelebrieren kann, was sonst niemand versteht, überwiegt.
Oh, nicht zu vergessen die alte Schreibmaschine, das Prunkstück, das meine Freundin auf ihre Kommode stellen wird. All ihre Gäste dürfen damit ein paar Zeilen tippen, wir vereinbaren, dass sie wechselseitig bei ihr und mir verweilen darf.
Darauf schreiben wir ruckzuck die paar Gedanken nieder, die uns zwischen Umwendmanöver und Bergungsarbeiten gekommen sind und das Gerüst der Freizeit steht. Der Titel sollte unbedingt etwas mit Lebenslust zu tun haben … Bevorzugte Teilnehmerinnen sind Sperrmüllladys, die die Trümmerfrauen unserer Vorfahren würdig vertreten.
Fehlt nur noch ein Termin für das nächste total konzentrierte Arbeitstreffen …