Fromme Hausfrau - Artikel von Bianka - Joyce - Beiträge aus Joyce Journal - Journal - Träumen 



Es war ein Prozess, bis meine Familie akzeptierte, dass ich, als die Kinder größer wurden, nicht nur zu Hause sein wollte. Dass ich gern schreiben und auch mal zu einem Treffen über Nacht wegfahren möchte. Dass ich dem Haushalt nicht mehr den bisherigen Stellenwert geben und vor allem nicht mehr allein dafür verantwortlich sein möchte, weil ich auch nicht allein Dreck mache. Seit die Kinder größer sind, ist viel Konfliktstoff einfach weg, weil sie mit anpacken, richtig effektiv, und ich verstehe heute auch, was Werner wichtig ist beim Nach Hause kommen - ein gutes Abendessen, ein sauberer Eingangsbereich, ein freies Wohnzimmer, in das er sich zurückziehen kann, Lektüre auf der Toilette - im Großen und Ganzen eigentlich überschaubare Dinge. Nicht so wichtig ist ihm ob die Kühltruhe abgetaut, seine Jeans frisch gebügelt oder der Hund gebürstet ist. Ich versuche auf seine Bedürfnisse einzugehen und nehme mir immer mal wieder Freiräume für mich selbst. Daran, dass ich zweimal halbtags in der Buchhandlung bin, hat er sich gewöhnt. Was ihn immer noch irritiert, ist wenn ich, wenn er heimkommt, am Computer schreibe. Genauso wie er sich vernachlässigt fühlt, wenn ich am Telefon plaudere, wenn er Feierabend hat und Zeit mit mir verbringen möchte. Seither versuche ich, das Schreiben eher auf vormittags zu verlegen oder wenn er fernsieht.

Es ist wie eine permanente Unterwanderung, dass man als Paar so leicht abstumpft füreinander.  Unsere Mädchen haben jetzt Freunde, werden geliebt, und wie! Manchmal denke ich, dass ich auch gern mal wieder so romantisch verehrt werden möchte. Dann wieder gibt es Zeiten, wo ich sehe, dass er sehr in Anspruch genommen wird von seinem Beruf, weniger Flexibilität und weniger Freiraum hat als ich, dann kann ich gut selbst zärtlich sein und ihm helfen, aufzutanken. Dann gebe ich ihm Anerkennung und ernte dafür sogar hin und wieder welche statt Kritik.

Dass wir gelernt haben, zusammen zu beten, war ein Geschenk. Wir tun es zwar nicht oft, aber zu wissen dass ich drauf zurückgreifen kann ist gut, und wenn wir es tun, hilft es uns und bringt uns einander nah. Wir versuchen, zu zweit immer wieder etwas zu unternehmen -  zu einem Gartenlokal zu radeln, auch wenn es schon 21.30 Uhr ist oder im Garten Unkraut jäten - Hauptsache wir haben gemeinsame Zeit ohne Lasten und mit Austausch. Beten ist die eine Seite um Dinge zu ändern, Reden und Handeln die andere.

Manchmal kann mich Werner von seinen Träumen überzeugen. Er träumt laut, ich höre zu und zweifle. Wenn ich ihm grünes Licht gebe – sei es, weil ich selbst nicht weiß was ich will oder weil ich hoffe dass er es gut macht – kann er seinen Träume verwirklichen. Er tut es mit Elan, Kreativität, Zielgerichtetheit, hoher Motivation. Er hat einen langen Atem und stellt alles andere an zweite Stelle. Werner liebt große Projekte. Er verliert nicht den Faden, lässt nie das Ziel aus den Augen. Wie ein Jäger hat er es immer im Visier. Da ich für die Finanzen zuständig bin, muss ich sehen, wie das klappt. Werner ist für die Träume zuständig. „Es wird schon irgendwie gehen“. Mein Leben ist im Fluss. Eigentlich bin ich immer ziemlich zufrieden damit, wie es gerade läuft, aber während ich es am liebsten einfrieren würde, linst Werner schon wieder hinter die nächste Flussbiegung. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, Werners Träumen zu vertrauen. Mein Leben ist dadurch größer und bunter geworden.

Gott ist auch ein Träumer. Er hat Träume für mich. Er sprengt meinen kleinkarierten Rahmen, weil er Größeres für mich vorhat als ich erkennen kann. Ich entscheide ob ich ihm im Weg stehe oder ob ich groß denke und an seine Träume glaube, auch wenn sie mir gewagt scheinen. Kann ich vertrauen, sicheres weil gewohntes Terrain loslassen, um ihm aus dem Weg zu gehen, wenn er mit mir weiter gehen möchte?