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Ausschnitte aus Bianka Bleiers Tagebuch


Heute war ich mit Nando im Wald und habe mich über seine Lebensfreude gefreut. Dann war ich einkaufen und habe mich gefreut, dass ein Mann meinen Geldbeutel gefunden und mir nachgetragen hat, damit ich überhaupt einkaufen konnte. Dann habe ich meine Cousine getroffen und habe mich gefreut dass sie sich entschieden hat, sich nicht von ihrem langjährigen Freund zu trennen. Und dann habe ich mich über einen Anruf gefreut. Ich freu mich, also lebe ich.

Wieder stehe ich im Bad und versuche, dem natürlichen Verfall etwas entgegenzusetzen. Beim Zähneputzen, bevor ich die Tiere füttere, meine Haare wasche, mit Handtuchturban zu kochen beginne, mit meinen Töchtern und vielleicht auch ihren Freunden, vielleicht auch ganz alleine esse, meine Haare föhne, in die Buchhandlung fahre und dann ist schon wieder ein Tag rum, denke ich melancholisch: „Die Tage sind so bedeutungslos“. Ich höre Jan husten und Martin Taschenbier von der Sams-Kassette krächzen, da habe ich noch einen Quer-Gedanken: „Die Tage sind in dem Maß bedeutungsvoll, wie ich anderen Menschen Bedeutung verleihe!“ Was kann wichtiger sein als Jan zu helfen, über diese Krankheitstage hinwegzukommen? Auszuharren mit ihm zusammen? Freundlich zu Anna und Lena und ihren Freunden sein, wenn wir essen, was ich gekocht habe? Dem Hund ins Freie und dadurch zu einer guten Stunde zu verhelfen?
Berta in der Buchhandlung zu unterstützen? Werner zu einem guten Start in den Feierabend zu verhelfen? Meine Tage werden nicht bedeutungsvoll durch das, was ich tue sondern durch meine Haltung, mit der ich es tue. Das was Tage in meinen Augen zu bedeutungsvollen Tagen macht, sieht in Gottes Augen vielleicht ganz anders aus. Treu sein im Kleinen. Dienen in Liebe. Den Splitter der anderen immer noch nicht anrühren.

Ich will wirklich Raum schaffen in meinem Leben für Freude und für Freundschaft. Auf Kosten der Arbeit. Ich weiß nicht wie lange ich leben darf. Ich will nichts bereuen. Ich überlege mir jeden Morgen, was ist das Wichtigste des Tages, und wenn ich das getan habe, möchte ich so gern lernen, aufzuhören mit dem Zwang, erledigen zu müssen. Ich will es wirklich lernen.