Fromme Hausfrau - Artikel von Bianka - Family - Beiträge aus BBs Notizen 

Hin- und hergerissen …

Kategorie: FHF BBs Notizen

 

… bis die Nabelschnur durchtrennt ist…

Gedanken aus einer Zeit, als Lena gerade groß und stark geworden war und nach dem Abi für eine Riesenzeitlang durch Australien reisen wollte, Anna geheiratet hatte und jetzt einem anderen gehörte, mit dem sie ebenfalls ans Ende der Welt reisen würde. Plötzlich bin ich zwar noch irgendwie irgendwo Hafen für den Notfall, aber nicht mehr erste Lebensteilhaberin …

Ich fahre noch einmal mit Anna shoppen. So nah war ich ihr schon lang nicht mehr - zu zweit in der Kabine mit tausend feinstofflichen Elementen. Der Spieß hat sich umgedreht - irgendwann steht Anna draußen, nimmt die Teile, die mir nicht passen, entgegen, karrt Ersatz an, berät mich neutralkritisch, winkt prustend ab, reicht Gummibärchen und leitet mich durch die Läden der Stadt, bis ich nicht mehr weiß, wo vorn und hinten ist.

Es ist wunderschön, dass ich sie bis hierher begleiten durfte, so viel Liebe geben und empfangen. Nun ist sie das was ich ihr wünschte, groß und stark, selbst-bewusst, belastbar, lebensfroh. In den engen Umkleidekabinen wächst neuer Boden unter meinen Füßen und der heißt Dankbarkeit.

Als Lena durch das Gate im Flughafen geht, bekommt mein Herz einen Sprung und mich tröstet lediglich die Vorstellung, dass eine Legion überdimensionaler Engel sie dort im Empfang nimmt. Aber als sie Wochen später am Telefon mit weinerlicher Stimme nach dem Vater verlangt, der ihr sagen soll, dass das australische Ureinwohnerauto, das sie gekauft hat, kein Fehlkauf war, wird mir bewusst: Wir verlieren sie nicht, wir leihen sie nur zeitweilig der Welt aus, bis sie wiederkommen, um uns um Rat zu fragen.

Es kommt der Tag, da auch Anna wirklich loszieht. Ich weine und lache, winke und bete, warte auf Mails, telefoniere, staune über Fotos vom Ende der Welt mit meinen kleinen Großen. Ich sehe, wie sie gedeihen außerhalb meiner Reichweite, so fraulich, so stark und erwachsen und mir kommt die Erkenntnis: Das könnten sie so bei uns im elterlichen Hafen nie und nimmer erleben. Und Jan geht nun in ein Internat, weit weg von mir, ein schwerer Schritt für uns alle. Nach einer Eingewöhnungszeit, in der er unsere Hilfe noch verstärkt benötigt, nabelt auch er sich ab und geht seinen Weg, trifft selbständig Entscheidungen und bereichert uns mit seiner ganz eigenen Art, erwachsen zu werden, trotz seiner Behinderung.
Meine Freundin schreibt Tröstendes: „Die Liebe bleibt, verbunden durch die größte Macht der Welt, das Band zwischen euch, das unsichtbare, weltumspannende Band, es reicht sogar vom Himmel zur Erde, worum sollte es dann nicht von einem Ende zum anderen reichen.“

Wir vermissen alle drei. Es ist ein bisschen zu viel für ein Mutterherz, dreimal so kurz hintereinander das Thema Kindheit abzuschließen.
Gott hat uns da eine große Aufgabe gegeben. Er hat uns mit hinein genommen in seinen Schöpfungsauftrag. Wir durften so wundersame Dinge erleben wie zeugen, austragen, gebären, stillen, hegen, lieben und geliebt werden. Eine Familie zu bauen war meine bisher größtmögliche Annäherung an das Thema „Ebenbildlichkeit“. Wir sind nach Gottes Bild gemacht und unsere Kinder, irgendwie, nach unserem, eine Parallele, die mir den Atem verschlägt. Wie sollte es da nicht wehtun, loszulassen. Da hat Gott schon etwas Seltsames mit uns Müttern gemacht, etwas sehr Besonderes, Herausgehobenes, nur mit uns Frauen, hat uns einen gehaltvollen und kraftvollen Schöpfungsauftrag gegeben, der den Schmerz in sich birgt von Anfang bis zum Ende. Ob es ihm mit uns genauso geht?

Das Haus ist nun oft leer und Werner und ich begegnen uns darin ständig. Manchmal sitzen wir still da, gucken dumm und lächeln schief. Manchmal langweilen wir uns. Aber manchmal blitzt in unseren Augen so etwas wie Neugier. Mittags koche ich nette kleine Mahlzeiten nur für mich allein, Abends kulinarische Leckerheiten für die neue Zweisamkeit. Ich will darauf vertrauen, dass Gott auch jetzt da ist, uns sieht, mit uns geht. Irgendwie bin ich gespannt, was das Leben noch für uns bereithält.
Anna und Lena sind mittlerweile zurückgekehrt. Auf einer neuen Ebene teilen wir wieder Leben miteinander. Manchmal kommt Anna nach der Arbeit zu uns. Dann reden wir stundenlang über Gott und die Welt. Zuhause bleibt Zuhause, sagt sie. „Es adelt mich, wenn die Kinder gern heimkommen. Ob es Gott auch so geht? Lässt er uns nicht los in der Hoffnung, dass wir liebend gern wieder nach Hause kommen?