Fromme Hausfrau - Artikel von Bianka - Family - Beiträge aus BBs Notizen 

Liegenlassen

Kategorie: FHF BBs Notizen

 

Gleich zu Beginn der Weihnachtsferien geschieht es, werden meine zwei Mädchen zu Teens. Die Zehnjährige gleichzeitig mit der Zwölfjährigen. Zumindest dem Gebaren nach. Der Ton schlägt um, in einer Zeit, auf die ich mich so gefreut habe, um aufzuatmen, um in Harmonie glücklich miteinander zu leben und zu feiern. Mühelos opfern sie die Harmonie, stellen mich auf die Probe, die zur Zerreißprobe für mich wird. Ein ungewohnter, rauer Wind schlägt mir entgegen. Zwar bin ich nicht unvorbereitet: Ich weiß, ich soll mich nicht zu wichtig nehmen, heranwachsende Menschen innerhalb des Familienverbandes dafür umso mehr, ich soll ihre schwierige, von Hormonen zerrüttelte Metamorphose in die Erwachsenenwelt verstehen und nichts persönlich nehmen. -
Und? Sobald die erste Auflehnung kommt (Anna: „Ihr nervt mich!“) nehme ich sie total persönlich, fühle mich an die Wand geknallt. Darf meine Tochter so etwas sagen? Zu mir? Ihrer leiblichen Mutter? Aber was nutzt ein Schweigegebot - wenn sie es so empfindet, weiß ich wenigstens Bescheid. Ich weiß Bescheid und leide. Bröckle ab als unantastbare, unfehlbare, allmächtige, kompetente Respektperson, heraus schält sich mein unvollkommener, verletzlicher Kern, der nach Eintracht und bedingungsloser Liebe schreit. Warum gehorchen sie nicht mehr einfach? Warum glauben sie mir nicht mehr einfach? Warum sind sie so unfreundlich? Es ist Sonntagmorgen. Leise weinend fahre ich in die Gemeinde, im Rücksitz meine eisig schweigenden Damen, unnahbar, fremd. Dass mir das geschieht!
Okay, ich habe viel zu tun zur Zeit. Ich habe wieder angefangen, mein eigenes Leben zu leben, ein Stück weit unabhängig von den Kindern, die tagsüber nicht mehr bei mir sind. Zu früh? Ich habe wirklich sehr viel zu tun. Es gibt so viel Wichtiges. Dringendes. - Wesentliches? Ich habe keine Zeit mehr, mich um Unwesentliches zu kümmern. Das spüren die „Kids“ auch, das verunsichert sie, stellt sie auf sich selbst. Zu oft? Ich gehe ihnen aus dem Weg und ich gehe der Stille aus dem Weg. Keine Zeit, jetzt keine Zeit, später vielleicht.
Die Rechnung kommt wie immer postwendend. Zuerst beschleunigt sich mein Puls, dann mein Lebensrhythmus, dann fange ich an, nur noch oberflächlich zu funktionieren und vergesse die Pausen. Zum Schluss vergesse ich vor lauter „Erledigen“ zu leben. Die Menschen um mich herum treten in den Hintergrund und stören. Ich sehe mich um und bin allein. Und dann kommen die Zweifel. Warum geht es mir so schlecht? Wo bist du, du unsichtbarer Gott? Ich kann dich nicht mehr sehen, weil ich nicht mehr aufblicke. Ich kann dich nicht mehr spüren, weil ich nicht mehr hinhalte. Ich kann dich nicht mehr hören, weil ich zu sehr lärme. Ich bin hungrig. So weit bin ich mit meiner Erkenntnis, als ich in der Gemeinde Platz nehme. Und dann singt der Chor. „Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist“! Danach singen wir gemeinsam:
„Seid nicht bekümmert, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke!
Seid nicht bekümmert, denn die Freude am Herrn ist eure Kraft!
Jesus, der auferstandene Herr, ist in eurer Mitte.
Jesus, der auferstandene Herr, er ist unter euch.“
In mir keimt Hoffnung auf. Heute werde ich Nahrung finden, heute wird sich etwas ändern. In der Einleitung ist die Rede von Maria und Martha (Lk 10,38). Die Geschichte trifft mich jedesmal gleich. Es gibt viele wichtige Dinge, die erledigt werden wollen, aber Maria nimmt eine Auszeit, um Jesus zuzuhören. Kann ich das? Dinge liegenlassen, um auf Jesus zu hören, weil er mir etwas sagen will? Um mich meinen erwachsen werden wollenden Kindern zu widmen, die mich noch brauchen? Die Predigt über die Jahreslosung („Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende" Mt 28,20) zwingt meine Zweifel ob eines unsichtbaren Gottes wieder nieder. Kaum lasse ich mich auf ein Wort von Gott ein, ist er wieder nah bei mir. Immer wieder habe ich diese Erfahrung gemacht.
„Ich bin bei euch", das heißt, "ich bewahre euch, ich rede zu euch, ich fordere euch heraus, ich korrigiere euch, ich bin für euch, nicht gegen euch.“ Zwischendrin ein Bonbon speziell für mich: „Bangt ihr voller Grauen vor dem Ausbruch der Pubertät eurer Kinder?“, fragt der Prediger. „Auch hier gilt: Ich bin bei euch! - Wenn in der Teeniezeit Eltern oft nur noch begleiten, an Wände reden, aus ihrer Sicht wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen - ich bin bei euch!“ Sehr tröstend! Das Schlusswort Jesu an seine Jünger lautete: „Kein Tag ohne mich, bis ans Ziel, bis zuletzt!“
Mutig und in Geborgenheit kann ich wieder an seiner Hand meinen Weg gehen.
„Ich bin zur Ruhe gekommen. Mein Herz ist zufrieden uns still. Wie ein Kind in den Armen seiner Mutter, so ruhig und geborgen bin ich bei dir!“ (Ps 131)