Fromme Hausfrau - Artikel von Bianka - Family - Beiträge aus BBs Notizen 

Gott dutzen?

Kategorie: FHF BBs Notizen

Von: family 02/08

Neben mir im Gottesdienst sitzt eine junge Familie. Der Prediger spricht über das Vaterunser. Weit kommt er nicht, verweilt gleich beim ersten Wort, beim „Abba, lieber Vater“. Ich auch. Jesus lehrt seine Jünger das Beten und mir fällt auf, dass ich schon bei der Anrede nicht mitkomme. Ich habe noch nie versucht, Gott mit Papa anzureden und staune neu über diese Erlaubnis. Es erscheint mir ungeheuerlich vertraulich, seltsam kindlich, irgendwie unangemessen. Ich versuche es im Stillen, aber zu Gott Papa zu sagen entspricht noch nicht meinem gefühlten Verhältnis zu ihm. Was ist mit meinem Gottesbild? Gerne möchte ich, dass das „Papa“ mir so vertraut wird wie es für Jesus war. Ich versuche mich mit „Vati“, dem väterlichen Kosename meiner Kindheit, spüre der archaischen Vertrautheit des Mädchens in mir nach, das sich der Liebe und Heimat des Vaters sicher war.  

Klein-Mia neben mir wird unruhig. Erst predigt sie mit. Dann predigt sie lautstark mit. Dann predigt sie ärgerlich mit. Christina die Gelassene nimmt sie aus der Wippe, reicht sie weiter an den Kindsvater. Mia verstummt, sobald Big Mama sie aus der Wippe hebt. Sie entspannt sich. Aber als sie die Nase von Big Papa vor sich sieht, geht die Sonne in ihrem kleinen Gesicht auf. Sie strahlt ihn an, erkennend, begeistert. Begeistert lässt sie sich auf seinen starken Arm nehmen, begeistert juchzt sie auf, dann hängt sie entspannt in seinem Schoß. Angekommen. Bei Papa. Alles wird gut. Ich habe meinen Vater gesehen, erkannt, gefühlt… Ist es das was Jesus meint mit „Abba lieber Vater“?? 

Meine Gedanken gehen zurück zu unserem letzten Sommerurlaub. Wir haben zum ersten Mal seit langem wieder ganz klassisch gezeltet. Sehr luftig und transparent. Im Zelt nebenan sagt ein Vater zu einer Mutter: „Sarah, ich geh eben mal auf Toilette, ja?“ Klein-Julian flötet mit seiner schönsten Stimme: „Ob ich wohl kann mitgehn, Papa? Ja?“ Papa: „Ich geh nur eben mal auf Toilette, Julian.“ Julian: „Ob ich wohl kann mitgehn, Papa? Ja?“ Am rührendsten ist das kleine piepsende hoffnungsvolle „Ja?“ am Ende… Papa: „Ich geh doch nur auf Toilette, bin gleich wieder da, Julian!“ Julian, mit unverändert freundlicher, hoffnungsvoller Stimme: „Ob …? Ja?“ Gespannt spitze ich die Ohren.

Papa: „Komm, wir gehen zu Fuß.“ Er marschiert an unserem Zelt vorbei mit Julian an der Hand, dem das Ziel des Vaters so egal ist, Hauptsache er darf mitgehen. Ein Kind zeigt mir, wie nachhaltig ich Gott bitten darf, wenn mir etwas am Herzen liegt. Seine Liebe zu mir, die er nicht abschalten kann, wird sein Herz bewegen, vor allem wenn es eine Bitte nach Nähe ist. Mehr als jede Forderung, jedes Geschrei, jeder trotzige Druck haben mich freundliche, hoffnungsvolle, erwartungsvolle Blicke und Bitten meiner Kinder in Bewegung gesetzt.

Ein anderer Morgen. Ich erwache, weil Julian weinend „Papa!“ ruft. Er hat das heute Nacht schon dreimal gemacht in dreistündigem Abstand. Papa ist jedes Mal über kurz oder lang seelenruhig erschienen. Jetzt scheint er wohl Brötchen zu holen, vermutlich als erster übernächtigter Supermarktkunde. Julian weint kläglich „Papaaa!“ Irgendwann tönt Papas beruhigende Bassstimme: „Nicht weinen, Julian! Papa ist da!“. Julians Klagen verstummt. Ich entspanne mich. Papa ist da. Papa kommt, wenn man ihn ruft. 

Ich kenne Julians Gefühl. Gott scheint sich auch immer wieder aus meinem Leben zu entfernen, aber er nähert sich auch immer wieder. Liebe treibt ihn weg, Brötchen holen, Liebe zieht ihn zurück. Seine Sehnsucht danach, Gemeinschaft mit uns zu haben, uns zu unterstützen und zu versorgen, sein Wissen darum, wie hilflos wir uns fühlen, sein Verantwortungsgefühl für uns - in Wirklichkeit entfernt sich Gott nie weit.

In Wirklichkeit ist Gott nahbar nah!  

Während die Juden nicht einmal wagten, Gott bei seinem Namen anzureden, hat Jesus uns Gott als unseren lieben Papa vorgestellt.

Seither sind wir mit Gott per Du. Offiziell zumindest. Kann es sein, dass es mir noch an der nötigen Vertrautheit, am nötigen Vertrauen, fehlt, wenn ich „Papa“ kaum über die Lippen bringe? Ich darf so schlicht, kindlich, geborgen und vertrauensvoll mit meinem himmlischen Vater reden wie Julian mit seinem Papa? 

Schon vor unserer Geburt hat Gott uns herbeigeliebt. Glaube ich das? Wie Julian brauchen wir wohlwollende Erfahrungen mit unserem Vater.

Jesus ist der einzige der uns sagen kann wer und wie Gott ist. Und das erste was er uns vermitteln möchte, ist dass Gott zu uns wie ein lieber Vater ist!

Ja, Gott ist gerecht, heilig, allmächtig, gewaltig. Aber auch das stimmt: Gott ist der Ort, wo unsere Ängste zum Schweigen, unsere Herzen zur Ruhe kommen, wo wir für unser Schwachsein nicht verurteilt werden, wo Barmherzigkeit, Liebe und Freiheit herrschen, alles was wir zum Leben brauchen. Wir brauchen keine Angst vor Gott zu haben. Das ist Jesus Botschaft. Wir dürfen uns Gott angstfrei nähern. Im Wissen um unseren göttlichen Papa dürfen wir zuversichtlich und vertrauensvoll leben. Gott will uns helfen, an seiner Hand mutig und stark zu werden.

Das Bild des Vaters gehört für mich zu den größten Geheimnissen und Offenbarungen. 

Ich will euer Vater sein und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein. Das sagt der Herr, der Herrscher der ganzen Welt. 2. Korinther 6,18 GN