Fromme Hausfrau - Artikel von Bianka - Family - Beiträge aus BBs Notizen 

Vollmundig-leere Versprechungen

Kategorie: FHF BBs Notizen

 

Es gibt mehrere Möglichkeiten, an neue Textilien zu gelangen. Die gängigste ist der reale Einkaufsbummel durch reale Geschäfte mit Ware zum Anfassen. Nachteil: Enge Kabinen, unvorteilhaftes Licht, unfreiwillige Spiegelgemeinschaften. Für mich ist das ein schweißtreibendes Unterfangen mit oft unbefriedigendem Ergebnis.

Deshalb wähle ich hin und wieder gern Weg 2:  Gemütliches Blättern in einem Versandkatalog am Feierabend bei einer Tasse Tee, ein Anruf bei einem freundlichen Menschen, der meine Bestellung entgegen nimmt, wenige Tage später weitere Menschen, die die Ware bringen und sogar wieder bei Bedarf abholen. Daheim kann ich dann in aller Ruhe bei Tageslicht im geräumigen Schlafzimmer unter Hinzuziehen der Meinung sehr objektiver Familienmitglieder und bereits vorhandener Kleidungsstücke auswählen – seeeehr komfortabel. Einiges geht zwar immer zurück, aber manches bleibt auch hängen. Meine Familie hat sich an mein Treiben gewöhnt. Jeder weiß, wo die Retourpäckchen lagern, wenn der freundliche Mensch vom Hol- und Bringservice kommt. Alle durchblättern wie ich gern die Saisonprospekte auf der Jagd nach Schnäppchen.

Kürzlich bin ich geehrt worden. Dass ich seit zwanzig Jahren (soo alt bin ich schon??) seine Kundin bin, ist dem Versandhaus einen Lobbrief wert, in dem erwähnt wird, dass ich nun VIP-Kundin bin, was mir den Vorteil bringt, den Katalog einen Tag früher als gewöhnlichen Kunden zu erhalten und eine neue Telefonnummer, hinter der sich überaus freundliche, geschulte Mitarbeiter verbergen, die sich speziell um VIP-Kunden kümmern. Damit die wirklich zufrieden sind, rundum.

Eines Tages klingelt es und hast du es nicht gesehen steht, noch ehe ich A sagen kann, ein Fremder in meinem Wohnzimmer. Ich bin grad froh, dass eine Freundin zu Besuch ist. Ich denke, es ist der Versandmann, der ein Päckchen abholen möchte, drücke gut gelaunt den Türöffner und herein saust ein grobschlächtiger Mann, respektlos an meinem Wach- und Schutzhund vorbei. Nach der ersten Schrecksekunde wähne ich in ihm den Gerichtsvollzieher in der Wahnvorstellung, selbst auf hartnäckige Mahnverfahren meine Rechnungen nicht ordnungsgemäß beglichen zu haben. Weder noch. Er knallt eine Akte auf den Wohnzimmertisch, die meinen Umsatz bei besagtem Versandhandel offen legt, der überaus erfreulich sei (das hängt wohl mit unserem außerplanmäßigen Wohnzimmerteppichkauf zusammen…). Sicher sei ich doch einverstanden, in Zukunft für meine überaus erfreulichen Umsätze zehn Prozent Rabatt zu erhalten und portofreie Lieferungen obendrein. Ich müsse lediglich bei dem Kreuzchen unterschreiben (unter drei Seiten Kleingedrucktes ohne Durchschrift …) und schon sei er mein persönlicher Außendienstbetreuer.

Erst zögere ich, dann lehne ich ab. Ich unterschreibe gar nichts zwischen Tür und Angel. Wenn mich eins das Leben gelehrt hat, dann dies. Das hat sich mir eingebläut wie der Satz „Steig zu keinem Fremden ins Auto!“. Er kann es gar nicht fassen, welch ignorantes, borniertes Gegenüber er da vor sich hat, überlässt mir widerwillig das Formular und eine Telefonnummer, unter der ich alles überprüfen könne und zischt ab. Erzürnt und argwöhnisch rufe ich bei meinem VIP-Service an. Überraschenderweise erklärt man mir dort die völlige Rechtmäßigkeit dieses Vorganges: Da ich so eine überaus erfreuliche Kundin sei, erhalte ich tatsächlich Rabatt und Portofreiheit als kleines Dankeschön. Ich bedanke mich ebenfalls, unterschreibe nun fröhlich und erlebe in der kommenden Zeit, dass Wort und Tat übereinstimmen. Wo gibt es das noch im Leben, dass man etwas geschenkt bekommt? Belohnt wird für tapfere Verhaltensweisen und Treue? Habe ich ein Glück!

Bis mich heute besagter Außendienstmitarbeiter anruft. Ich erkenne ihn, bevor er seinen Namen zu Ende gesprochen hat. Er bellt in den Hörer: „Sie kriegen doch zehn Prozent!?!“ Ich: "Ja.“  Er: „Sie bestellen ja gar nichts! Sie machen ja gar keinen Umsatz!“ Mir ist meine Sprache abhanden gekommen. Er: „Jetzt gucken Sie mal, dass Sie ein bisschen bestellen! Mal die Freundin anhauen oder der Verwandtschaft den Katalog zeigen! Sonst muss ich Ihnen die zehn Prozent wieder streichen!“ Eisig schweigend lege ich auf.

Wusste ich es doch, dass die Sache einen Haken hat! Wer auf diesem Globus ist schon eine sehr wichtige Person, ohne dass er dafür etwas leisten muss?

Ich ärgere mich den halben Tag. Bis mir der Nutzen dieser Begebenheit dämmert. Bei Gott ist das anders, schießt es mir durch den Kopf. Bei Gott ist ein sicherer Ort. Dort ist Gnade Gnade. Ein Gott ein Wort. Ein Ja ist bei ihm ein Ja. Ein Nein ist bei ihm ein Nein. Umsonst ist bei Gott umsonst, ohne Gegenleistung. Ohne Kleingedrucktes. Wer mag, ist eingeladen, mit ihm einen Win-Win-Vertrag zu schließen. Per Handschlag.  

Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. 
Johannes 15,13 (EÜ)