Fromme Hausfrau - Zeit für mich - Schreibwerkstatt - Erzählungen & Kurztexte - Von Gott getragen 



Ich weiß noch, wie ich ihr im Treppenflur begegnete, eine gepflegte Dame um die 50. Spontan lud sie mich und mein Baby zu einem Besuch bei ihr ein. Dass mir dabei die Tür zugeschlagen war und ich erst nach Stunden wieder ins Haus kommen konnte, habe ich ihr bis heute verschwiegen, warum weiß ich nicht.

Aus dem ersten Besuch wurden mehrere. Im Gottesdienst traf ich sie wieder. Voller Sorgen. Hatte sie sich doch von ihrem Mann getrennt, der Alkoholiker war. Zaghafte Versuche sie zu trösten. Hatte mich gar nicht getraut, sie zum Hauskreis einzuladen. Aber sie fragte selbst, ob sie kommen dürfe. Das Finden der Bibelstellen fiel ihr anfangs noch sehr schwer. Mit der Zeit wurde sie hungrig nach Gottes Wort. Viele gute Gespräche haben wir geführt. Haben vieles voneinander gelernt, immer wieder wurden unsere Gebete erhört.

Später ging sie dann auch zur Blau-Kreuz-Gruppe. Wurde immer hoffnungsvoller, immer selbstbewusster, wusste sich getragen. Dann kam der Schlussstrich unter die Ehe, die schon lange keine mehr war. Wieder ein schwerer Weg. Und doch wurde sie getragen.

Eine kurze Zeit des Glücklichseins, Kräfte finden. Dann wurde sie krank, sehr schwer krank. Zerschlagenheit, was wird? Gebetet, gerungen, noch einen Aufschub bekommen. Hoffnungsschimmer zeigten sich. Sie wurde wieder getragen, hatte immer wieder Zeiten, in denen es ihr sehr gut ging. Fand Trost in jedem guten Wort. Spürte jedes Gebet ihrer Freunde. Bekam einen Glauben, der felsenfest war. Dann war keine Hoffnung mehr zu sehen, kein Aufschub mehr möglich. Nächte der Schmerzen, des Nicht-mehr-reden-Könnens, Sprachlosigkeit. Und doch getragen.

An Himmelfahrt wurde sie gerufen und sie konnte gehen.

eingesandt von Ulrike Beenken