Ich habe heute Morgen mit leisem Entsetzen in der Zeitung gelesen, dass der Food-Riese Hello Fresh in unserer Gegend ein neues Werk plant, 1500 Arbeitsplätze. Die Firma ist in 14 Ländern tätig und in diesem Jahr (2021!!) seien schon 239 Mio (!!!) Mahlzeiten zugestellt worden . Ich bin sprachlos.

Welche riesen Logistik steckt dahinter? Was ist mit den Leuten los, gehen die einfachsten Dinge verloren - sich die Zutaten für das Essen selbst aus dem Laden (oder dem Garten )zu holen und sie nach einem schlichten Rezept zuzubereiten? Brauche ich einen Lieferservice, der mir Essensvorschläge macht und sie mir dann auch noch nach Hause bringt?

Das Unternehmen hat 2020 3,75 Milliarden (!!) Euro Umsatz gemacht, mehr als doppelt so viel wie 2019 (1,8 Mrd. Euro).

Was mit diesem Geld hätte alles gemacht werden können...
Welche Logistik das erfordert...
Ich bin irgendwie fassungslos.
Und klar hat Corona damit zu tun, das ist keine Frage.

Helena, hier im Haus wohnen mindestens zwei Parteien, die regelmäßig diese großen Schachteln vor der Tür stehen haben. Eine Nachbarin kenne ich gut, der Mann arbeitet Vollzeit, macht oft Überstunden und muss oft auf Dienstreise. Die Frau arbeitet Teilzeit, jeden Tag fünf Stunden. Die beiden haben zwei Kinder, die beide noch im Kindergarten sind, das eine Kind holt meine Nachbarin direkt nach der Arbeit ab und die ist jedes Mal erschöpft, wenn ich sie sehe. Ich kann verstehen, dass sie alles mögliche versucht und ausprobiert, was ihr das Leben irgendwie erleichtert. Hier in München sind die Mieten so hoch, dass ein Gehalt oft nicht ausreicht (1600,- warm für 98qm), außerdem möchte man ja heutzutage als Frau auch Rentenansprüche erwerben, denn die Zeiten haben sich geändert. "Der Mann als Versorger" bis ans Lebensende war einmal.

Ja, das glaube ich Suppenhuhn, das hinter jeder ausgelieferten Kochbox auch eine gut begründete Geschichte steckt, die Leute machen das ja nicht ohne für sie guten Grund. Ich will das auch gar nicht für den Einzelnen abwerten oder so, es ist ja immer so, dass das Angebot auf eine Nachfrage treffen muss, sonst kommen nicht solche Gewinne zustande.

Mein erster Gedanke war, als ich das heute morgen in der Zeitung las - das sind dann auch wieder 1500 Leute, die eben nicht im Handwerk, als Erzieherin, in der Pflege, ... arbeiten. Wir haben hier schon so einige Logistikriesen in der Region, viele Leute stehen auf diese Jobs, vor allem sind sie auf Jahre sicher.

Hab mir gerade mal die Bewertungen auf der Seite angesehen:

"Ware ist in top Zustand gekühlt angekommen und jedes Gericht fein säuberlich appetitlich verpackt! Die Kochkarten sehen top aus und am Ende schaut das Gekochte wie auf dem Bild aus und schmeckt obendrein auch noch wunderbar!- Marie-Luise"

Die machen ja auch massiv Werbung.
Und dann wird der seltene Einkauf auf dem Markt zum Event.
Damit gehen auch Alltagskompetenzen verloren.

Ich sehe das entspannt. Immer noch besser als nur fastfood.
Immerhin lernen die jungen Leute dabei kochen.

Das gleiche Ergebnis für viel weniger Geld (meine Überzeugung) habe ich, wenn ich einen Wochenplan mache, was ich wann koche und danach einkaufe. Obst und Gemüse hält sich im Kühlschrank lange genug, so das es zum kochen dann immer noch frisch ist. Ich kann es mir noch einfacher machen, indem ich ab und zu für zwei Tage koche, oder z.B. mehr Nudeln oder Kartoffeln koche und am nächsten Tag umwandle. Oder doppelt koche und die eine Hälfte für „schnelle Tage“ einfriere.

Ja, ein Gehalt reicht nicht mehr. Aber diese Firma hilft nicht beim Sparen.

Ich kann mir nur vorstellen, dass die Leute so überlastet oder überfordert sind, dass sie nicht mehr selber denken können/möchten.

Wir haben das auch mal ausprobiert,weil ich mir erhofft habe, das das leidige "was kochen wir heute" dann wegfällt. War aber nicht unser Geschmack und ich finde es auch auch teuer. Ich beneide wirklich jeden, der beim Blick in den Kühlschrank weiß, was er heute kocht... Mir fehlt da jegliche Phantasie und Lust. Ich beneide meine Schwiegereltern die Essen auf Rädern bekommen und nur ankreuzen müssen, was sie essen wollen.... und denke gerade ernsthaft darüber nach das auch mal auszuprobieren....

Shirin,
Ich habe mir immer meine Kochbücher aus dem Regal geholt und ausgesucht, was interessant aussah und danach meine Einkaufsliste geschrieben. Im Kalender habe ich notiert, wann welches Gericht dran ist, damit z.B. Fleisch nicht zu lange im Kühlschrank liegt.
So war unser Speiseplan abwechslungsreich und ich stand nicht ratlos in der Küche. Manchmal haben sich die Kids auch einfach was gewünscht. Aber auch das ist mit einem kochplan kein Problem.
Ich habe nur 1x in der Woche eingekauft, zwischendurch natürlich noch mal Brot oder Obst oder so.

Das spart Zeit m Nerven und Geld

Magga, ähnliche Gedanken habe ich auch.
Ich kenne Familien mit auch nur einem Verdiener, die ganz gut zurechtkommen.
Da ist es eben nicht drin, mehrere (teure) Urlaube zu machen, Kleidung wird second hand gekauft, Auto alt, wird selten benutzt, kein teures Spielzeug oder Möblierung, aber gute Bio-Ernährung. Und Hauptsache: Sie sind zufrieden.
Ich will die Probleme anderer nicht kleinreden und
man kann so ein Konzept natürlich nicht auf alle Menschen übertragen; Mieten in manchen Städten sind unverschämt hoch, aber wenn ich manche schicken Leute mitsamt ihren Ansprüchen betrachte, dafür muss halt viel gearbeitet werden.

Also Aldi bietet auch Wochenrezepte (schon einiges leckeres gemacht davon). Dort kaufen ist billiger. Aber Aldi ist bei uns gegenüber ich fahre mit dem Einkaufswagen in die Wohnung. Und ich gehe gerne einkaufen, das tut nicht jeder.

Es ist einfach eine weitere moderne Dienstleistung. Während so modern ist das gar nicht. In meiner Kindheit gab es schon "grüne Kisten" also Gemüse an die Haustüre geliefert. Uns Kindern hat das Zeug aber nicht geschmeckt, also hat es meine Mutter wieder abbestellt.

Die Frage ist, ob diese Hilfsarbeiter anderswo ungelernt einen Job finden würden. Ich sehe das relaxed. wer mit dem Auto durch die Gegend fährt um hier und da und dort einzukaufen verpestet die Umwelt mehr, wie jemand der ein Paket bekommt.

Und die Leute müssen sicher trotzdem einkaufen.